Freimaurerloge „Joseph zur Einigkeit“ i.Or. Nürnberg

Geschichte

Die Freimaurerloge „Joseph zur Einigkeit“ ist Nürnbergs älteste und noch heute bestehende freimauerische Bauhütte, gegründet 1761.

Seit altersher: – dem Fortschritt zugewandt, humanitär, tolerant und deshalb immer jung und aktuell – das ist Nürnbergs älteste und noch heute bestehende freimauerische Bauhütte,
die Johannisloge „Joseph zur Einigkeit“ , deren Geschichte die Prägezüge der Entwicklung der Freimaurerei in Deutschland in sich trägt. Gründung und Fortbestehen dieser Bruderschaft ist nur mit dem menschlichen Sehnen und der allezeit gültigen Notwendigkeit, – der Humanität und Toleranz dienen zu wollen -, erklärbar.

Die Geburtsstunde dieser ersten Freimaurerloge in den Mauern der ehemaligen freien Reichsstadt Nürnberg im Jahre 1761 lag – ganz allgemein gesehen – in einer Zeit der Wandlung des europäischen Bewußtseins, der Wandlung des Menschen- und Weltbildes, die als Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit gekennzeichnet wird. Es war die Zeit stärkster geistiger Gärung. Der Kampf um die Menschenrechte beginnt. Das „Erkenne Dich selbst“ sollte das Verhältnis zu den ewigen Dingen – wie auch zu den Menschen – neu gestalten und damit zu einem neuen Menschheitsideal führen. Der Drang zur Selbsterkenntnis, die Arbeit an sich selbst, sollte aber keineswegs den Einzelnen von seinen Mitmenschen absondern. Der große und in seiner Neuheit berauschende Gedanke, daß alle Menschen im tiefsten Grunde Brüder seien, führte im Gegenteil zu der Erkenntnis, daß das Menschenideal nur gemeinsam und in engster Fühlungnahme erreicht werden könnte. Die Zeit stand im Zeichen eines ersten, hoffnungsvollen Schimmers beginnender Toleranz. Die stärkste praktische Gestaltung fand dieses Humanitätsideal im sich formierenden Freimaurerbund.

Gründungsstätte der Loge „Joseph zur Einigkeit“: Das Gasthaus „Zum Roten Roß“, Nürnberg, Weinmarkt.

In dieser Zeit treffen sich in der Noris – so das noch heute meistgebrauchte Synonym für Nürnberg – der Stadt, die zu diesem Zeitpunkt immer noch eine europäische Wirtschaftsmetropole im ehemaligen Schnittpunkt der wichtigsten kontinentalen Handelswege gelegen, einer der wichtigsten Verlagsorte und nach Wackenroder sogar „Hauptsitz aller Kunst“ war, mehrere Kauf- und Handelsherren, Adelige, Beamte und Offiziere. Die in verschiedenen Orienten in den Bund aufgenommenen Männer erkannten sich als Brüder Freimaurer und beschlossen darauf, die St. Johannisloge „Joseph zur Einigkeit“ im Orient Nürnberg zu gründen. Ihre Matrikel erhielten sie von der Mutterloge „Zur Einigkeit“ im Orient Frankfurt/Main, deren Mutterloge, wenn auch nicht nachweisbar, wiederum in der Loge „Zur Einigkeit“ im Orient London zu suchen ist.

Der Name nimmt ehrend Bezug auf Joseph II. von Österreich, einem Anhänger der Aufklärung, dessen Reformen gegen den kirchlichen und feudalen Großgrundbesitz, dessen Aufhebung der Leibeigenschaft und dessen „Toleranzpatent“ der damaligen Zeit richtungsgebende Impulse freimaurerischen Charakters gaben. Seitdem sind über zwei Jahrhunderte vergangen, in welchen die reiche Chronik dieser Loge von humanitären Taten – geistiger wie materieller Art – zu berichten weiß. Generationen von aufopferungsbereiten Idealisten bildeten beständig eine Kette von einsichtsvollen Männern, die vereinigt durch das Band der Bruderliebe, geleitet durch die Grundsätze der Moral, bestrebt waren, eine vernünftige Gesellschaft – als letztlich soziologisches Ziel – zu bilden.

Die 1793 durch Logenbrüder konstituierte „Gesellschaft zur Förderung vaterländischer Industrie“ ist der Ausgangspunkt gewesen für den späteren Gewerbeverein bzw. die heutige Gewerbeanstalt. Die Loge gründete 1801 die eigene Immobilienrettungsgesellschaft und den passiven Rettungsverein. Es kann getrost gesagt werden, daß dies die Vorläufer der heutigen freiwilligen wie auch der Berufsfeuerwehr waren.

Arbeitsstätte der Loge ab 1864: Nürnberg, Nadlergasse

Aus dem von Logenbrüdern ins Leben gerufenen „Offenen Zeichensaal“ wurde im Laufe der Zeiten die Berufsoberschule und später die Volkshochschule und andere – nicht unbekannte – soziale Einrichtungen und Stiftungen zeigen lediglich rein materielle Hilfsbestrebungen, während die geistige Arbeit der Loge weitaus tiefer mit ihrer Vaterstadt verknüpft ist. Haben doch stets Brüder, deren Namensnennung im einzelnen nach maurerischem Brauch die Bescheidenheit verbietet, hervorragende Stellungen im öffentlichen Leben Nürnbergs innegehabt. Ein Blättern in den Mitgliedslisten, die im Germanischen Nationalmuseum, im Stadtarchiv, insbesondere aber im Freimaurer-Museum in Bayreuth aufgehoben sind, gleicht einem Nachlesen in den Stammbäumen und Geschichten bekanntester Nürnberger Familien. Namen aus Patriziat, Bürgertum, Kaufmannsgilde, Gelehrtenwelt in den vergangenen Tagen, wie auch aus Technik und Industrie in unserer Zeit sind dort zu finden.

Und obwohl alles, was der Religion einen Stoß versetzen, den Staat in Unordnung bringen, die Mildtätigkeit verwunden und die Sitten verderben kann, in der Freimaurerei streng untersagt ist und weil Freimaurerei für Humanität und Toleranz eintritt, war und ist sie ein steter Dorn in den Augen totalitärer Mächte, deren Anfeindungen durch das Hitlerregime mit der Freimaurerei ihren bisherigen Höhepunkt fanden. Im Jahre 1935 mußten die Nürnberger Logenbrüder das Licht im Tempel löschen, die Loge „Joseph zur Einigkeit“ wurde aufgelöst. Das Logenhaus in der Hallerwiese – gemeinsamer Besitz mit der Alt- und Schwesterloge „Zu den 3 Pfeilen“ – wurde durch Streicher beschlagnahmt und im gleichen Jahr als Anti-Freimaurer-Museum eingerichtet. Im Untergrund lebte die Kraft der Bruderschaft weiter, fanden sich die Getreuen zueinander. Die Gestorbenen, die Vertriebenen, die Geflüchteten, die Eingekerkerten haben keinen schlechten Kampf gekämpft. In Kümmernis und Dunkelheit haben sie ihre Heiligtümer und Abzeichen geborgen. Verleumdung, Hohn und Spott haben sie ertragen. Auf ihre Art haben sie sich gewehrt: nicht mit Waffen oder politischen Mitteln, sondern mit dem Glauben an die Alten Pflichten.

Logenhaus Hallerwiese im Jahre 1886

Zerstörtes Logenhaus nach dem Krieg

Denen, die in diesem Kampf dahingingen und durch das dunkle Tor in den ewigen Osten eingingen, haben sie das letzte Geleit gegeben. Denen aus der Bruderschaft, die arm und hilflos wurden, haben sie geholfen. Denen, die strauchelten und abfallen wollten, haben sie Beispiel gegeben: Freier Mann zu bleiben, nicht hörig der Partei des Tages, dem Geschrei der Massen.

Mit Ende des Krieges 1945 kam die Hoffnung und der Glaube an die Wiedererstehung der deutschen Freimaurerei. 1947/1948 begannen die Brüder mit der Vorbereitung zum Wiederaufbau der Loge „Joseph zur Einigkeit“.

Bereits am 31. Mai 1948 erteilte die Militärregierung die Erlaubnis zum Weiterbestehen der Bauhütte. Nach Wiederinstandsetzung des Logenhauses Hallerwiese fand am 20. April 1952 die feierliche Lichteinbringung von fünf brüderlich verbundenen Nürnberger Logen statt. Diesem bemerkenswerten logengeschichtlichen Tage folgte Alltagsarbeit. Dank geschickter Hammerführung gelang es der Bruderschaft – immer modern im Zeitgeist – wieder an die Traditionen und Maxime von einst Anschluß zu finden.

Und wie die sich in den Schwanz beißende Schlange des Logenabzeichens die ewige Jugend und das ewige Leben symbolisiert, blieb Nürnbergs älteste Freimaurerloge „Joseph zur Einigkeit“ wie seit altersher:

dem Fortschritt zugewandt, humanitär, tolerant und deshalb immer jung und aktuell

Kubischer Neubau Logenhaus Hallerwiese Nürnberg in den 1960er Jahren.